Hofübergaben sind das Nadelöhr für die betriebliche Entwicklung
Die Hofübergabe ist mit Sicherheit eine der spannendsten Phasen im Leben eines Familienbetriebes (und natürlich der Familie, die diesen Betrieb führt!) Hier werden gnadenlos alle Fehler aber auch guten Entscheidungen der letzten Jahre zutage gefördert. Darum gilt für mein Verständnis: Hofübergabe ist immer.
Wer sich eine gelungene Hofübergabe wünscht, der muss seinen Betrieb über die gesamte Lebensarbeitszeit zu einem wirtschaftlich stabilen, übergabefähigen Betrieb gestalten. Dazu gehören aber auch die persönliche Entwicklung und Ausbildung der Nachfolgenden zu ermöglichen und zu begleiten, ohne Druck aufzubauen. Auch ein Blick auf den eigenen Lebensstil lohnt sich: Lebe ich ein beruflich und familiär zufriedenes und erfüllendes Leben, dass meinen Kindern Vorbild ist? Bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Betrieb oder Störungen im Familienleben kann es häufiger zu Konflikten bei der Hofübergabe kommen. Diese entstehen in der Regel nicht erst, wenn die „heiße Phase“ der eigentlichen Übergabe beginnt.
Eine Hofübergabe besteht aus (mindestens) zwei Prozessen
Was eine Hofübergabe zusätzlich zu einer Herausforderung macht ist, dass sie aus zwei verschiedenen Prozessen besteht. Zum einen die Übergabe des Betriebes, bei der es um die Organisation der Arbeit, den Rollenwechsel in der Betriebsführung und betriebliche Entscheidungen geht. Dieser Prozess ist an sich schon eine große Herausforderung. Doch dahinter steht noch eine Größere. Die Übergabe des (privaten und betrieblichen) Kapitals stellt nämlich ein vorgezogenes Testament dar. Dementsprechend betrifft sie neben den im Betrieb arbeitenden Familienmitgliedern auch die „weichenden Erben“, also zumeist die Geschwister der Übernehmenden. Auch müssen sich die Übergebenden mit ihrem eigenen Tod auseinandersetzen. Vielleicht früher als geplant. Neben diesen beiden Prozessen werden im Zuge der Hofübergabe viele weitere familiäre Themen geklärt. Dies sind zum Beispiel die Wohnsituation und die Altersvorsorge aller Beteiligten. Dies alles sorgt für eine hohe Komplexität von Hofübergaben und dazu, dass es häufig zu Konflikten kommt. Hilfreich ist es, sich klarzumachen welche Themen im Zuge welchen Prozesses besprochen werden müssen.
Sowohl betriebliche als auch familiäre Themen müssen bei der Hofübergabe unter einen Hut gebracht werden
Wenn eine Hofübergabe aus zwei Prozessen besteht, so bewegen sich alle Beteiligten zusätzlich noch in zwei verschiedenen Systemen. Diese sind bei einem Familienbetrieb: Die Familie und der Betrieb. Das klingt jetzt erst einmal wenig überraschend. Dahinter steckt jedoch, dass die Familie und der Betrieb nach ganz unterschiedlichen Gesetzen funktionieren. So geht es in der Familie zum Beispiel darum, dass Nachkommen gezeugt werden, um die Familie weiterzuführen. Die „Währung“ in diesem System ist die Liebe oder auch Verbindung unter den Familienmitgliedern. Im Betrieb geht es darum, Gewinne zu erzielen, um die Rentabilität und Stabilität des Unternehmens zu erhalten. Die Währung hierfür ist Geld. Werden die beiden Systeme vermischt, kann es zu Konflikten im Rahmen der Übergabe kommen. Auch hat Jede*r Beteiligte in jedem System eine andere Rolle. Vielleicht bist Du Übernehmerin und Tochter? Oder Übergeber und Vater? Sollen die Konflikte entschärft werden, kann helfen die Systeme so weit wie möglich zu trennen. Also zum Beispiel auch angestellten Familienmitgliedern ein faires Gehalt zu zahlen oder den Wohnraum klar abzugrenzen.
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