Konflikte sind fies. Sie sind mit hoher Anspannung aufgeladene Situationen. Manchmal Eiszeit, manchmal Tanz auf dem Vulkan. Du und Dein Gegenüber habt komplett unterschiedliche Ansichten darüber, wie die Dinge zu laufen haben. Gefühle werden verletzt und die Situation scheint ausweglos. Gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, wird immer schwieriger. Es erfordert viel Empathie und Selbstreflektion in Konflikten proaktiv zu agieren und konstruktive Lösungen verhandeln zu wollen. Hier liest Du, wie die Profis vorgehen:
Das Harvard-Modell: Die Verhandlungsstrategie der Profis
Eine Möglichkeit, die Verhandlungen konstruktiv zu führen, bietet das Harvard-Modell. Es wurde von Roger Fisher und William Ury entwickelt und beruht auf folgenden Grundsätzen: Menschen und Probleme sind zu trennen. Auch wenn ich in der Sache unzufrieden bin, ist mir der Mensch, mit dem ich verhandle, wichtig und es ist mir ein Anliegen, unsere Beziehung zu schützen. Jeder von uns hat eine andere Sichtweise und trotzdem ist das was zur Zeit zwischen uns steht unser gemeinsames Problem. Unsere Gefühle sind dabei berechtigter Teil von uns und können Wegweiser auf dem Weg zu einer gemeinsamen Lösung sein. Lösungen lassen sich am besten auf Grundlage von Interessen statt Positionen finden. Fertige Ideen und Strategien können einer gemeinsamen Lösung im Wege stehen. Wenn wir hinter die Kulissen blicken, entdecken wir die Beweggründe der Anderen und können neue Ideen entwickeln. Je mehr Ideen wir gemeinsam entwickeln, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir Lösungen finden, die für beide Seiten Vorteile bringen und möglichst viele Bedürfnisse befriedigen. Falls nötig, kann für die Bewertung der Lösungen ein gemeinsames Entscheidungskriterium festgelegt werden (zum Beispiel der Marktwert eines Grundstückes oder Gebäudes, der durch ein Gutachten ermittelt wurde). Wer mehr über das Harvard-Konzept erfahren möchte, der liest am besten das Buch der Entwickler: „Das Harvard-Konzept: Die unschlagbare Methode für beste Verhandlungsergebnisse“.*
Soweit die Theorie. Doch wie kannst Du das Konzept in der Praxis umsetzen?
Praktische Anwendung auf Deinem Betrieb
1. Sorge dafür, dass Du möglichst entspannt und mit einer positiven Grundstimmung in das Gespräch gehen kannst. Konflikte können sehr belastend sein und unsere Kreativität blockieren, die aber nötig ist, um gute Lösungen zu finden. Tu Dir also vor den Verhandlungen etwas Gutes, geh an die frische Luft, höre Musik oder atme einfach noch ein paarmal tief durch.
2. Bereite Dich gut auf das Gespräch vor. Du solltest Dir vorab aufschreiben, welche Interessen und Bedürfnisse hinter Deiner Position und der Deines Gegenüber möglicherweise verborgen sind. Doch was genau sind eigentlich Positionen, Interessen und Bedürfnisse?
Wie bei einem Eisberg sind in einem Konflikt zunächst nur die Positionen sichtbar. Unter der (Wasser-) Oberfläche verbergen sich jedoch unsere wahren Gefühle und Beweggründe. Um diese zu erforschen, musst Du unter die Oberfläche „abtauchen“.
Ein kleines Beispiel: Du führst gemeinsam mit Deinem Vater ein Weingut in Form einer GbR. Wichtige Entscheidungen trefft Ihr zusammen. Nun möchtest Du eine Vinothek bauen. Dein Vater ist strikt dagegen. Das sind Eure zunächst nicht zu vereinbarenden Positionen. Möchtest Du nun auf die Interessen aufschreiben, stelle Dir die Fragen: „Was ist mir daran wichtig und worum geht es meinem Vater?“ Vielleicht gelangst Du dann zu folgenden Antworten: „Mir geht es darum, das Geschäft mit den Privatkunden anzukurbeln. Ich möchte weniger Wein an Händler und den LEH verkaufen.“ „Und meinem Vater ist wichtig, dass keine Kunden auf den Hof kommen.“ Die Bedürfnisse gehen noch eine Ebene tiefer: Willst Du diese zu Papier bringen, stelle Dir die Fragen: „Was brauche ich und was braucht mein Gegenüber?“ Mögliche Antworten wären dann: „Ich brauche mehr Kontrolle über das Geschäft und Unabhängigkeit von Zwischenhändlern.“ „Und mein Vater braucht Ruhe und Entspannung in seiner kommenden Lebensphase.“
Je klarer Du Dir im Vorhinein über Deine eigenen Bedürfnisse und die möglichen Interessen Deines Gegenübers bist, desto entspannter und zuversichtlicher kannst Du in das Gespräch gehen.
Der zweite Teil der Vorbereitung besteht darin, dass Du Dir über Deine „BATNA“ im Klaren bist. Damit ist die „Best Alternative To a Negotiated Agreement„ gemeint. Also im deutschen die beste Alternative, die Du hast, falls Ihr keine gemeinsame Lösung findet. Wenn Du diese kennst, dann bist du Dir auch im Klaren darüber, wie weit Du in den Verhandlungen gehen kannst und wo Dein persönliches Limit liegt.
3. Nun geht es endlich in das Gespräch. Atme zunächst einmal tief durch und versuche, Dein Gegenüber wirklich zu verstehen. Es gilt: Erst verstehen, dann verstanden werden. Frage gezielt nach den Beweggründen, Interessen und Bedürfnissen hinter den Positionen. Hierzu kannst Du auch die Fragen aus Deiner Vorbereitung verwenden. Wenn Du Deinem Gegenüber zugehört hast, kannst Du nun Deine eigenen Interessen und Bedürfnisse darlegen. Tauscht Euch ausführlich über Eure Sichtweisen aus. Dann könnt Ihr auf die Suche nach Lösungen gehen, die möglichst viele Eurer beider Interessen berücksichtigen. Viel Erfolg!
Solltet Ihr es nicht schaffen, auf der Grundlage dieses Modells gemeinsame Lösungen zu entwickeln und der Konflikt weiterhin brodeln, so habt Ihr die Möglichkeit mit einem Mediator einen Konfliktprofi einzuschalten, der Euch unterstützt. In diesem Artikel kannst Du mehr über das Thema Mediation erfahren.
*Bei diesem Link handelt es sich um einen Link des Amazon-Partnerprogrammes. Tätigst Du den Kauf über diesen Link, erhalte ich eine kleine Provision, der Preis für Dich bleibt gleich.
Kommentar schreiben